Mikroplastik an Ostseestränden stammt überwiegend vom Land
Mikroplastik an schleswig-holsteinischen Ostseestränden stammt laut einer Studie des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel (GEOMAR) und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel offenbar überwiegend vom Strand und wird wahrscheinlich nicht durch Plastikmüll im Meerwasser verursacht.
Wie viel Mikroplastik an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste vorkommt und woher es stammt, hat das GEOMAR gemeinsam mit der Forschungswerkstatt der Christian-Albrechts-Universität Kiel erforscht. Die Ergebnisse der Studie, die den Angaben zufolge erstmals Kunststoffabfälle in der Region im Mikro- und Makrospektrum erfasst hat, wurden im Mai 2023 in der Fachzeitschrift „Marine Pollution Bulletin“ veröffentlicht.
Für die Studie untersuchte das Forscherteam im Frühjahr und im Herbst 2018 zehn Strände entlang der schleswig-holsteinischen Ostsee von Flensburg bis in die Lübecker Bucht. An Strandabschnitten von 100 Meter Länge wurden systematisch alle Müllteile eingesammelt und vorgegebenen Kategorien zugeordnet. Zur Erfassung des Makromülls folgten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dem standardisierten Protokoll des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Nordost-Atlantiks (Oslo-Paris-Konvention, OSPAR), um die Messungen mit den Ergebnissen anderer Studien vergleichen zu können. Zwischen 38 und 241 Müllteile fanden die Forscherinnen und Forscher im Frühjahr an den Stränden. Gut 40 Prozent davon bestand den Angaben zufolge aus Plastik, knapp 35 Prozent aus Papier, Pappe und Zigarettenkippen und 15 Prozent aus Glas. Im Herbst lag die Spanne zwischen 27 und 713 Teilen, wobei Papier, Pappe und Zigarettenkippen mehr als 60 Prozent ausmachten, gut ein Viertel Kunststoff und 4 Prozent Glas. Zusätzlich nahm das Team Sedimentproben und analysierte das darin enthaltene Mikroplastik sowie den Kunststofftyp. Das Mikroplastik aus den Sedimentabschnitten wurde mittels Dichtetrennung extrahiert und anschließend mit Raman-μ-Spektroskopie identifiziert, einer Methode, die Mikroplastik bis zu einer Größe von einem Mikrometer identifizieren kann. Das an ein Mikroskop gekoppelte Spektroskop zählt zunächst die Partikel, richtet dann einen Raman-Laser auf die Partikeloberfläche, erfasst das gestreute Licht und wandelt es in ein Spektrum um, das mit einer Datenbank abgeglichen wird. Im Durchschnitt fand das Team den Angaben zufolge sowohl in den Frühjahr- als auch in den Herbstproben vier Mikroplastikpartikel in einem Kilogramm Sand der beprobten Strandsedimente. Durchschnittlich wurden sechs verschiedene Polymere (PE, PP, PS, PET, PVC, POM) identifiziert. Eine Korrelation zwischen der Häufigkeit von Strandabfällen und Mikroplastik konnte nicht festgestellt werden. Die Studie sehen die Forscherinnen und Forscher als Datengrundlage für den Vergleich mit Ergebnissen zukünftiger Untersuchungen.
Mark Lenz vom GEOMAR sagt zu den Studienergebnissen: „Wir haben den Eindruck, dass das Mikroplastik vor allem aus dem Müll entsteht, der sich hier an den Stränden befindet.“ Der große Strandmüll zerfalle und daraus bilde sich dann das Mikroplastik. Es gebe wenig Plastikmüll, der vom Meer an Land gespült werde. Insgesamt seien die Ostseestrände moderat belastet. Das liege vor allem an den in Schleswig-Holstein vorherrschenden Westwinden, und daran, dass die Ostsee wenig Verbindungen zu den Weltmeeren habe, so Lenz.
Quellen:
- Marine Pollution Bulletin, “Spatio-temporal variability in the abundance and composition of beach litter and microplastics along the Baltic Sea coast of Schleswig-Holstein, Germany”, Mark Lenz, Dennis Brennecke, Matthias Haeckel, Katrin Knickmeier, Elke Kossel, Mai 2023
- Gemeinsame PM der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), der Kieler Forschungswerkstatt, des Forschungsverbunds Future Ocean und des GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (31.5.2023)
- ndr.de (4.7.2023)
- Foto: © Future Ocean, Svenja Hardel