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Korallen reinigen Meerwasser von Mikroplastik

Laut einer Studie der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) bauen riffbildende Korallen kleine Kunststoffpartikel dauerhaft in ihr Kalkskelett ein und tragen auf diese Weise zur Reinigung des Meerwassers von Mikroplastik bei. Für die Studie untersuchten Dr. Jessica Reichert und ihr Team vier Korallenarten, die im Indopazifik beheimatet sind. Sie simulierten eine starke Mikroplastik-Belastung und analysierten danach Skelette und Gewebe der Korallen.

 

Studienleiterin Dr. Jessica Reichert und ihr Team schätzen, dass die untersuchten Korallenarten in Riffen weltweit pro Jahr bis zu 20.000 Tonnen Mikroplastik, etwa ein Prozent des Mikroplastiks im Riffwasser, binden könnten. „Korallen sind die ersten Organismen, die als lebende Senke für Mikroplastik im Meer entdeckt wurden. Unsere Studie lässt Korallenriffe in neuem Licht erscheinen. Sie können nicht nur dabei helfen, das ökologische Gleichgewicht der Ozeane zu erhalten, sondern auch als Langzeitspeicher für Mikroplastik dienen“, sagt die Korallenforscherin. Für die Studie simulierten Reichert und ihr Team In Meerwasser-Aquarien über 18 Monate eine starke Mikroplastik-Belastung. Sie beobachteten live durchs Mikroskop, wie die Korallen die etwa 100 Mikrometer kleinen Teilchen in ihre Körper aufnehmen. In den Organismus der Tiere gelangen die Kunststoffpartikel zusammen mit Meerwasser. Korallen ernähren sich gewöhnlich von Plankton, das sie mit speziellen Zellen aus dem Wasser filtern. Dabei werden auch andere kleine Teilchen aufgenommen. „Solche ungenießbaren Teilchen scheidet die Koralle normalerweise wieder aus“, so Reichert. „Manchmal aber läuft bei der Selbstreinigung etwas schief. Die Koralle verschluckt sich sozusagen und der Partikel bleibt im Körper.“ Wie viele Mikroplastikpartikel durch diesen Vorgang in die Körper der Meerestiere gelangten, zeigten Gewebe- und Skelettanalysen von 54 Korallen. Bis zu 84 Mikroplastikpartikel pro Kubikzentimeter lagerten die Tiere ein – vor allem im Skelett, aber auch im Gewebe. Eine der untersuchten Korallen nahm, wie Reichert berichtet, bis zu 600 Mikroplastikpartikel auf und verdoppelte dabei ihre Körpergröße von fünf auf zehn Zentimeter. Welche langfristigen Folgen für die Korallen und Riffsysteme mit der Einlagerung von Mikroplastik verbunden sind, ist noch unklar. Eine frühere Studie des Gießener Teams zusammen mit einer Australischen Forschergruppe hatte ergeben, dass einige Korallenarten bei Mikroplastik-Belastung schlechter wachsen oder krank werden können. Reichert vermutet auch, dass die Einlagerung von Mikroplastik sich langfristig auf die Stabilität und Widerstandsfähigkeit von Riffen auswirken könnte. Mikroplastik wäre dann eine zusätzliche Bedrohung für die bereits durch den Klimawandel gefährdeten Ökosysteme.

 
Weitere Information: zum Download der Studie „Reef-building corals act as long-term sink for microplastic“

 

Quellen:

  • Informationsdienst Wissenschaft idw-online.de (30.11.2021)
  • chemie.de (2.12.2021)
  • Foto: © unsplash.com, Claudio Schwarz

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