Interview mit MKV-Geschäftsführer Rainer Zies zur Vermeidung von Pelletverlusten
Rainer Zies ist Geschäftsführer der im hessischen Beselich-Obertiefenbach ansässigen MKV GmbH Kunststoffgranulate, einem mittelständischen familiengeführten Unternehmen, das auf das Recycling und Compounding von Altkunststoffen aus technischen Anwendungen spezialisiert ist. Im Vorstand des TecPart Verband Technische Kunststoff-Produkte e.V. engagiert sich Rainer Zies für die Branche und vertritt die Interessen in Öffentlichkeit und Politik sowie in nationalen und europäischen Gremien. Darüber hinaus ist Rainer Zies Mitglied des Technischen Ausschusses (TA) der BKV GmbH und des Nachhaltigkeitsausschusses der IHK Frankfurt. Schließlich arbeitet er an normativen Grundlagen für das mechanische Recycling von Kunststoffen in einer Gruppe des DIN, dem Fachnormenausschuss Kunststoff. Dort ist er einer der Co-Autoren der DIN SPEC 91446, die Qualitätsniveaus für Kunststoffrezyklate beschreibt.
Zum Hintergrund
Die EU-Kommission hat kürzlich einen Entwurf für eine Verordnung gegen Pelletverluste vorgelegt, über die wir in unserem Newsletter an anderer Stelle berichtet haben (siehe Abschnitt „Aus Politik und Wirtschaft“). Damit sollen in ganz Europa Einträge von Kunststoffgranulaten aus Industriebetrieben in die Umwelt reduziert und verhindert werden, dass Mikroplastik unbeabsichtigt in Ökosysteme eingetragen wird. Wir haben Herrn Zies zu den Herausforderungen und konkreten Umsetzungsmaßnahmen befragt, mit denen ein Recycler konfrontiert ist, wenn es darum geht, den Eintrag von Kunststoffgranulaten in die Umwelt zu unterbinden. Auch baten wir ihn um eine Empfehlung für Recycler und Compoundierer vor dem Hintergrund von Studienergebnissen, wonach ein Teil der Mikroplastikeinträge in die Umwelt auf das Recycling von Kunststoffabfällen zurückzuführen sei (siehe Abschnitt „Aus Wissenschaft und Forschung“).
Herr Zies, Ihr Unternehmen beschäftigt sich seit über 60 Jahren mit der Herstellung von Rezyklaten und Compounds, wobei die Handhabung mit Granulaten zu Ihrem Alltag gehört. Was sind die größten Herausforderungen in einem Unternehmen wie dem Ihren, wenn es um die Vermeidung von Pelletverlusten geht?
Pelletverluste sind in unserem Unternehmen eigentlich nicht das Hauptthema, sondern wir kümmern uns beim Compounding um die Arbeitsschritte bis zum Pellet: Wir verarbeiten technische Kunststoffe in Form von Angüssen und Fehlteilen als Abfall oder Nebenprodukt zu Mahlgut und Agglomerat. Sowohl das in unserer Vermahlung erzeugte Mahlgut als auch zugekauftes Mahlgut muss im Rahmen der innerbetrieblichen Logistik gehandhabt werden, um aus diesem Material wieder ein Granulat (Pellet) herzustellen. Im Bereich der Vermahlung liegt der Fokus darauf, dass bei den Mahlprozessen so wenig wie möglich Material verloren geht. Da die Vermahlung in der Halle stattfindet, ist ein Eintrag in die Umwelt äußerst gering.
Die Hauptprobleme entstehen bei der Anlieferung und Lagerung der Kunststoffabfälle, da es hier zu Verunreinigungen durch heraus- oder herabfallendes Material kommen kann, etwa wenn aus den angelieferten Gitterboxen kleine Kunststoffteile auf den Boden fallen. Dieses Material wird aber durch regelmäßige Reinigungsmaßnahmen wieder aufgenommen. Auch haben wir die im Hofbereich befindlichen Einläufe im Rahmen unseres Audits nach DIN/EN/ISO 14001 mit Siebeinsätzen ausgestattet, die Partikel ab einer Größe von 5 Millimetern zurückhalten. In diesem Bereich gibt es zudem Auflagen seitens der Genehmigungs- und Überwachungsbehörden, wie zum Beispiel, dass das Hofgelände sauber zu halten und regelmäßig zu reinigen ist.
Nach Ergebnissen der BKV-Erhebung „Sonderbetrachtung Pelletverluste“ aus dem Jahr 2022 kommen bei Kunststoffrecyclern in Deutschland Pelletverluste vor allem in den Prozessbereichen Abfüllung von Rezyklaten in Transportgebinde sowie in der internen Logistik auf dem Betriebsgelände (Be- und Entladebereiche) vor. Welche konkreten, betriebsinternen Maßnahmen gibt es bei der MKV Kunststoffgranulate, um sicherzustellen, dass keine Kunststoffgranulate in die Umwelt eingetragen werden? Welche sind aus Ihrer Sicht die effektivsten?
Die MKV ist bestrebt, die Verluste von Granulaten bei der Vermahlung und der internen Logistik sowie der Herstellung möglichst gering zu halten. Da die Vermahlung und die Granulierung in Hallen ohne Abwasserbereich erfolgt, kann es hier nicht zu Einträgen in Gewässer kommen. Die Mitarbeiter sind zudem geschult, die Arbeitsbereiche sauber zu halten, was auch über das bei MKV auditierte Umweltmanagement nach DIN/EN/ISO 14001 abgebildet ist..
Laut einer Studie aus Schottland, bei der an einer Recyclinganlage Mikroplastikkonzentrationen im Waschwasser gemessen wurden, soll auch im Recyclingprozess – vor allem bei der Zerkleinerung der Kunststoffabfälle – Mikroplastik entstehen, das in die Umwelt entweichen kann. Wo ist aus Ihrer Sicht der dringendste Handlungsbedarf in der Branche und welche Empfehlungen haben Sie für die Kunststoffrecycler und -compoundierer?
Das Thema „Mikroplastik im Waschwasser“ kann ich nur als Vorsitzender der Compoundierer und Recycler im Fachverband TecPart kommentieren. Wie bereits erwähnt, verwendet MKV kein Waschwasser. Aber auch die Betriebe, die eine Waschanlage betreiben, unterliegen in Deutschland den gesetzlichen Anforderungen einer BImSch-Genehmigung und damit klaren Vorgaben für die Abwasserbehandlung. Jedes Recycling beginnt mit einer Vorbehandlung der Abfälle, was meistens über eine Zerkleinerung stattfindet. Der Handlungsbedarf der Recycler besteht darin, die Arbeitsbereiche möglichst sauber zu halten und darauf zu achten, dass beim Transport keine Beschädigungen der Gebinde vorkommen, aus denen Mahlgut oder Granulat austreten könnte. Wichtig ist, dass sowohl die angelieferten Abfallfraktionen als auch die Materialien, mit denen in Recyclinganlagen umgegangen wird, sorgfältig gehandhabt werden und keine Bestandteile in die Umwelt gelangen.
Herr Zies, vielen Dank für das Interview!
(Dezember 2023)