Nachrichtenleser

Kopfgrafik  abstrakt

Stimmen zum Wechsel des EU-Klimaschutzkommissars

KI hat nachgefragt, was der Wechsel des EU-Klimaschutzkommissars für die Kunststoffindustrie hierzulande bedeuten könnte.

 

Der für den „European Green Deal“ und für Kreislaufwirtschaftsthemen zuständige EU-Kommissar Frans Timmermans ist von seinem Posten zurückgetreten, da er bei den bevorstehenden Parlamentswahlen in den Niederlanden als Spitzenkandidat für die sozialdemokratische Partei antritt. Zu seinem Nachfolger ernannte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den 57-jährigen Slowaken Maroš Šefčovič, der seit 2009 der EU-Kommission angehört und seit Ende 2019 als Kommissar für Interinstitutionelle Beziehungen unter anderem für die Umsetzung der Brexit-Abkommen mit Großbritannien zuständig war. Was dieser Wechsel für die Umsetzung des „Green Deals“ bedeuten und welche Auswirkungen er für die deutsche Kunststoff- und Chemieindustrie haben könnte, hat Kunststoff Information bei Branchenverbänden nachgefragt. Wir fassen die Statements hier zusammen:

Aus Sicht des GKV Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie sind die wichtigsten Themen, die der neue EU-Klimaschutzkommissar Šefčovič angehen muss: „Verstehen, dass Klimaschutz nur mit Kunststoff gelingt“, „Zielkonflikte der Klimapolitik mit anderen umweltpolitischen Zielen“ aufzulösen sind und „Internationale Partnerländer wie China und die USA für größeres Engagement beim Klimaschutz“ gewonnen werden sollten, sagt GKV-Hauptgeschäftsführer Dr. Oliver Möllenstädt. Mit Herrn Timmermans verliere die Kommission zwar einen ausgewiesenen Fachmann in der Klima- und Umweltpolitik, aber auch einen Hardliner mit wenig Interesse für die Situation der Industrie, so Möllenstädt.
 
Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen, hält es für keine leichte Aufgabe für Herrn Šefčovič, in Frans Timmermans Fußstapfen zu treten. Unter Timmermans Führung habe die Kommission zahlreiche Gesetze initiiert und vorbereitet, um die mit dem Green Deal verknüpften Hoffnungen umzusetzen. So befinde sich etwa die EU-Verpackungsverordnung auf der Schlussgeraden. Angesichts der kurzen Zeit bis zur Neuwahl des EU-Parlaments Anfang Juni 2024 sehe Engelmann allerdings kaum Chancen auf Realisierung neuer Initiativen oder auch für bereits gestartete Projekte wie zum Beispiel die Novelle der Abfallrahmenrichtlinie.
 
Zur Frage nach den Top-Themen, die Šefčovič aus der Sicht des pro-K Industrieverband langlebige Kunststoffprodukte und Mehrwegsysteme als erstes angehen müsse, sagt pro-K Interimsgeschäftsführer Sven Weihe, dass wohl die Hauptaufgabe des neuen Klimaschutzkommissars zunächst sein dürfte, die Akzeptanz für den Green Deal in der Bevölkerung wieder zu erhöhen. Er geht angesichts der langjährigen Erfahrung des neuen EU-Klimaschutzkommissars mit den Abläufen, Projekten und Prozessen in der Kommission nicht davon aus, dass das Tempo rund um den Green Deal nachlassen werde. Die EU-Kommission sollte unter dem neuen Verantwortlichen für den Green Deal von ihren Klima- und Umweltbemühungen nicht ablassen, das aber mit Augenmaß und ohne eine Ausweitung der Bürokratie angehen. Schnelle Fortschritte in der Kreislaufwirtschaft könnten dazu beitragen, Europa unabhängiger von Rohstoffimporten zu machen, die Akzeptanz für den Werkstoff zu erhöhen und der Vermüllung der Landschaft entgegen zu wirken, so Weihe.
 
Für den Geschäftsführer des TecPart Verband Technische Kunststoff-Produkte, Michael Weigelt, sollte der Nachfolger Timmermans die konkurrierenden und sich teils wiedersprechenden Ziele der Kreislaufwirtschaft, des Chemikalienrechts und des Klimaschutzes in Einklang bringen. Er sollte Lebenszyklus-Analysen als Maßstab heranziehen, wenn über Produktklassifizierungen gesprochen wird, und sich für realistische Rezyklatvorgaben für die EU-Altfahrzeugverordnung einsetzen. Die im TecPart organisierten Unternehmen setzten große Hoffnung auf einen gemeinsam erarbeiteten Weg zu einem pragmatischen und real erreichbaren Umwelt- und Klimaschutz mit Kunststoffprodukten, sagt Weigelt.
 
Ingemar Bühler, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Kunststofferzeuger Plastics Europe Deutschland (PED), findet den Weggang Timmermans, der seit seinem Amtsantritt im Jahr 2019 wichtigster Ansprechpartner für die Transformation der Industrie gewesen sei, bedauerlich und hofft, dass sein Nachfolger Šefčovič als erstes die CO2-Reduktionsziele bis 2030 angehen und dafür die regulatorischen Weichenstellungen einleiten sowie die Hindernisse in den EU-Behörden beseitigen wird. Auch sollte der neue Klimaschutzkommissar aus Sicht des PED die Finanzierungs- und Steuerinstrumente für den Green Deal bereitstellen. Die Transformation brauche Kapital und Investitionen, sagt Bühler. Die Europäische Union werde nur überleben, wenn die Volkswirtschaft stark werde – und die Staaten im globalen Wettbewerb bestehen können.
 
Weitere Information: zu den kompletten Statements der Verbändevertreter bei KI
 
Quellen:

  • Kunststoff Information (28.8.2023)
  • Foto: © European Union, EU-Kommissar Maroš Šefčovič

Zurück zur Newsübersicht