Kritik an Folgenabschätzung zur EU-Verpackungsverordnung
Eine Auswirkungsanalyse der Europäischen Kommission wird von Verbänden, Abgeordneten und NGOs aktuell kontrovers diskutiert, berichtet Euractiv.
Der im November 2022 vorgelegte Entwurf für eine EU-Verpackungsverordnung (PPWR) schlägt unter anderem vor, ab dem 1. Januar 2030 Einwegverpackungen in Restaurants zu verbieten und die Nutzung von Mehrwegverpackungen zum Mitnehmen zu fördern. Laut Euractiv kritisierten die Industrie und rechte Abgeordnete die Mehrwegziele des Gesetzes, während Umweltschützern, linken und grünen Abgeordneten die geplanten Maßnahmen nicht weit genug gingen. Die obligatorische Kosten-Nutzen-Analyse der Kommission werde kritisiert, unter anderem weil sie nicht zwischen verschiedenen Verpackungsmaterialien unterscheide und die wirtschaftlichen, gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen der vorgeschlagenen Ziele nicht analysiere. Eine Koalition europäischer Verbände der Lebensmittel-, Brauerei-, Getränke-, Glas-, Metall- und PET-Recyclingindustrie habe im März in einem gemeinsamen Brief davor gewarnt, dass es keine Gewissheit gebe, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen den gewünschten Nutzen bringen und sich sogar negativ auf die Umwelt, das Verbraucherverhalten und viele in der EU tätige Unternehmen auswirken könnten. Nach Ansicht der Industrieverbände drohe das Gesetz nach hinten loszugehen, da bei der Folgenabschätzung alle EU-Länder, Sektoren und Verpackungsmaterialien miteinander vermischt worden seien, was zu unrealistischen Benchmarks führe. Die EU-Kommission hingegen halte ihren Ansatz für zielführend. Sie habe eine transparente Methodik und einen „systematischen Ansatz“ verwendet, um die Umweltauswirkungen von Verpackungen über den gesamten Lebenszyklus zu bewerten. Die Industrie kritisiere an dem Ansatz der Kommission auch, dass sie in ihrer Bewertung die Kosten der Ziele für die Wiederverwendung von Verpackungen grob unterschätzt habe. Laut Kommission beliefen sich die direkten Kosten für alle Mehrwegsysteme auf 4 Milliarden Euro und zusätzlich 523 Millionen Euro für den Auf- und Ausbau von Pfandrücknahmesystemen. Nach einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), auf die sich das Industriebündnis beruft, würde allein die Umstellung von 20 Prozent der PET-Flaschen für kohlensäurehaltige Erfrischungsgetränke auf Mehrweg bereits 18,7 Milliarden Euro kosten. Die Industrie stelle die Mehrwegziele auch wegen möglicher gesundheitlicher und hygienischer Bedenken der Verbraucherinnen und Verbraucher in Frage. Mangelndes Vertrauen in die Sicherheit von Wiederverwendungssystemen könne die Ziele der PPWR untergraben. Demgegenüber argumentierten Umweltschutzorganisationen, dass es in mehreren Mitgliedstaaten bereits funktionierende Wiederverwendungssysteme gebe, wie z.B. für Getränkeflaschen in Ländern wie Belgien und Deutschland, ohne dass es zu unbeabsichtigten Folgen für die Hygiene und die Verbraucherinnen und Verbraucher gekommen sei. Auch enthalte die vorgeschlagene Verordnung Bestimmungen zur Gewährleistung von Sicherheit und Hygiene. Die Industrie warne jedoch davor, dass, obwohl gut geführte Mehrwegsysteme diese Garantien bieten könnten, weitreichende Verpflichtungen dies untergraben könnten.
Weitere Information: zum Download des Folgenabschätzungsberichts der EU-Kommission (in Englisch), zum Positionspapier der Industriekoalition (in Englisch)
Quellen:
- euractiv.de (2.6.2023)
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